Mitte Dezember 2013 schlossen sich die Türen des Hotel Bogota in Berlin Charlottenburg nach fast 50 Jahren und damit endete auch ein Stück Berliner Geschichte.


Denn das Gebäude Schlüterstraße 45 beherbergte nicht nur das Hotel Bogota, sondern es war viel mehr als das. Es blickt auf eine lange Vergangenheit zurück, welche helle und dunkle Episoden umfasst.


Erbaut 1911, wurde es zunächst als Wohnhaus genutzt; Oskar Skaller, ein prominenter Berliner Unternehmer, lebte hier und ließ in einem der Salons schon damals unter anderem z.B. den jungen Benny Goodman während legendärer Partys auftreten.


Helmut Newton ging bei Else „YVA“ Neuländer in die Lehre, der damals berühmtesten Modefotografin Deutschlands, die in der 4. Etage ihr Atelier unterhielt (und die 1942 von den Nazis deportiert und im KZ Majdanek ermordet wurde). Newton sagte später, daß diese Zeit die schönste seines Lebens war.


Während des 2. Weltkrieges war das Gebäude Sitz der Reichskulturkammer mit ihrem Leiter Hans Hinkel. Sie verwaltete von dort aus die Gleichschaltung aller kulturellen Schaffensbereiche auf deutschem Boden. Hier mussten alle damals bekannten Größen der deutschen Unterhaltungsindustrie vorsprechen und ihre Verträge und Engagements (ganz im Sinne der Propagandapolitik der Nazis) verhandeln und absegnen lassen – um dann nach dem Krieg wieder hier zu erscheinen, weil die Siegermächte in der Schlüterstraße 45 ihre Entnazifizierungsbehörde eingerichtet hatten.


Später gründete sich im Haus die Kammer der Kulturschaffenden, die im Juli 1945 die erste Kunstausstellung nach dem Krieg organisierte, sowie der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands.


Der Deutsche Gewerkschaftsbund betrieb hier eine Bildungsstätte.


1964 schließlich entstand das Hotel Bogota, zunächst in der 4. und 5. Etage, bevor der damalige Hotelier die Pensionen in den darunterliegenden Stockwerken aufkaufte und somit das komplette Haus diesen Namen trug.



Ilja Richter präsentiert nun seinen ersten Dokumentarfilm Hotel Bogota – Eine einmalige Geschichte. Darin zeichnet er Stationen dieser Geschichte nach. Ehemalige Gäste kommen zu Wort, ebenso wie Historiker, Schriftsteller, Künstler - und natürlich die Hoteliersfamilie Rissmann selbst. Der junge Kolja Richter wendet sich mit einem Brief und dem selbstgemalten Gemälde „Das sterbende Hotel“ an den Eigentümer des Gebäudes und schildert seine Sicht der Dinge; mit einem Angebot und in der Hoffnung, ihn umzustimmen und daß die Kündigung zurückgenommen wird.


Doch geht es in diesem Film nicht nur darum, die Geschichte des Hauses zu erzählen. Vielmehr steht dieses Haus auch für umfassende Veränderungen, wie man sie in Charlottenburg – und überhaupt in Berlin - seit Jahren beobachten kann: bestehende Strukturen werden entfernt, um neue zu schaffen; oder – wie Jim Rakete es formuliert – „Orte werden umgewidmet“.


Das Gebäude Schlüterstraße 45 spiegelt stellvertretend diese Entwicklung.


Ilja Richter: „Wahr ist in diesem Fall, daß beim Betrachten des Films die gezeigte Gegenwart bereits Geschichte ist. Denn während wir darin dem Scheitern des Hoteliers und seiner Familie zusehen, sind die Planungen für das Haus an anderer Stelle bereits vorangeschritten – so real, wie die Träume Kolja’s Wirklichkeit hätten werden können.“


Erzählt von Hans-Christoph Blumenberg, Dieter Hallervorden, Dani Levy, Jim Rakete, Kolja Richter, Ilse Rübsteck, Hanna Schygulla und vielen mehr.


Der Film wurde im Oktober und Dezember 2013 in Berlin gedreht und 2015 fertiggestellt.

 

©ChickenShack Filmproduktion 2015